Langes Lektüren: Libet Werhahn-Adenauer: Erinnerungen an meinen Vater Konrad Adenauer.

Tochter eines großen Staatsmanns – Libet Werhahn-Adenauer erinnert sich an ihren Vater


Von Ansgar Lange

 

Noch ein Buch über Konrad Adenauer? Dieser Gedanke wird vielleicht manchem angesichts des Titels „Erinnerungen an meinen Vater Konrad Adenauer“ durch den Kopf schießen. Doch dieses Buch ist anders und gerade deshalb lesenswert, denn es ist aus der Perspektive der jüngsten Adenauer-Tochter Libet geschrieben. Es fehlt also die wissenschaftliche Distanz. Dafür schildert die Autorin auf einfühlsame, aber nicht unkritische Weise die Jahre eines gemeinsamen Lebenswegs von Vater und Tochter.

Adenauer war bekanntlich ein frommer Mann, aber auch ein sehr freiheitlicher Christ. Sein Glaube an Gott, so betont die Tochter, habe ihm immer wieder geholfen, sich aus tiefster Traurigkeit und drohender Resignation zu befreien. Und das Leben hielt zahlreiche Prüfungen für Konrad Adenauer bereit. Er überlebte seine beiden Ehefrauen und war, als er schließlich Bundeskanzler wurde, ein oft auch recht einsamer Witwer in Rhöndorf bei Bonn. Die Nazis verfolgten den unbequemen katholischen Politiker. Er wurde nach Unkel verbannt und schöpfte dort viel Kraft aus der Lektüre der Erzählung „Taifun“ von Joseph Conrad, eines seiner liebsten Schriftsteller: „Ich las am Nachmittag dieses Tages und las über den Kampf, den der Kapitän mit dem Sturm führte. Ich las, dass der Kapitän ihn nicht durch seine Klugheit, sondern Geduld und Ausdauer bestand. Das Buch hat mich getröstet und meine Hoffnung neu belebt. Ich habe in den folgenden Jahren noch wiederholt in ganz schlechten, schwierigen Situation nach ihm gegriffen.“

Ein eigenes Kapitel hat die Tochter den Wertvorstellungen ihres Vaters gewidmet. Als gläubiger Mensch ging er jeden Sonntag in die Kirche. In Rhöndorf wurde ihm später sogar ein eigener Platz zugeteilt, wo er immer kniete. Auch seine Kinder hielt er früh dazu an, regelmäßig die heilige Messe zu besuche. Libet Werhahn-Adenauer schreibt, dass ihr Vater der festen Überzeugung gewesen sei, dass jeder Mensch eine religiöse Orientierung  braucht, ohne die man nicht gut leben könne und keine Orientierung habe. Diese Orientierung musste für ihn aber nicht unbedingt katholisch sein. Seine Religiosität verband sich mit einer tiefen Liebe zur Natur, in der er vor allem in der Zeit seiner politischen und privaten Isolation im „Dritten Reich“ viel Kraft schöpfte.

Das schmale Büchlein ist reich bebildert und lässt sich aufgrund des angenehmen Druckbildes gut und zügig lesen. Besonders berührend fallen die Schilderungen der Zuflucht des Vaters im Kloster Maria Laach, die Verhaftung der Eltern und der frühe Tod der Mutter im Jahr 1948 aus. Vergnüglicher wird es bei der Schilderung der Reisen der Tochter mit ihrem Vater. Im romantischen Cadenabbia machten Tochter und Vater gemeinsam Urlaub. Und in Frankreich, den Vereinigten Staaten oder in Persien lernte die junge Frau die große weite Welt kennen. Der sonst oft kühl und herrisch wirkende „Machtmensch“ Adenauer zeigte sich bei diesen Anlässen oft privat ganz anders – zugänglich, zu Späßen aufgelegt, als Witwer die Begleitung seiner Tochter genießend.

Libet Werhahn-Adenauer: Erinnerungen an meinen Vater Konrad Adenauer. Bast Medien GmbH: Überlingen 2019 (2. Auflage). 189 Seiten.19,90 Euro. ISBN-13: 9783946581512.

Nach oben