Langes Lektüren.Erst in den Miesen, dann Multimillionär

 Von Ansgar Lange


Der Historiker, Journalist und Unternehmer Rainer Zitelmann berichtet aus seinen verschiedenen Leben.

 

Das Buch von Rainer Zitelmann ist eine Mischung aus Autobiographie und Ratgeber. Auf privaten Klatsch und einen indiskreten Blick auf die eigenen Freunde sowie die Familie verzichtet er vollends. Zitelmann, der sein Ego genauso gerne zur Schau stellt wie seinen durch Bodybuilding gestählten Körper, streut allerdings an der einen oder anderen Stelle den mehr oder minder dezenten Hinweis ein, dass er zahlreiche Freundinnen gehabt habe. Im Bildteil des Buches darf der Leser drei dieser attraktiven und jungen Exemplare bestaunen. 

Exemplare bestaunen. Und der Autor bekennt auch ohne Scham, dass er schon in seiner Jugend ein Faible für sehr schöne Frauen gehabt habe: „Mir war früh bewusst, dass ich mich im Alter nicht alleine auf Charme und Aussehen würde verlassen können, sondern dass ich als vermögender Mann eindeutig attraktiver wäre. Ich sage offen, dass auch dies ein sehr wichtiges Motiv war“, um reich zu werden.

Es sei direkt zu Anfang dieser Rezension zugegeben: Der sehr selbstbewusste Ton und die Art des Auftritts von Zitelmann wird manche abschrecken. Bei der Autorenangabe darf der doppelte Doktortitel nicht fehlen. Und der Titel „Wenn Du nicht mehr brennst, starte neu“ liest sich ein wenig so wie die  zahllosen Titel von Ratgebern, die oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden.

Nationalliberaler Autor

Doch wer sich auf die Lektüre dieses sehr geradlinig und ehrlich geschriebenen Werks einlässt, wird dennoch belohnt werden. Denn Zitelmann berichtet nicht nur über ein Leben, sondern über mehrere Leben, die er geführt hat. In Deutschland sind Journalismus, Wissenschaft und Wirtschaft oft strikt voneinander getrennt. Zitelmann hingegen war in seinem bisher erst sechzigjährigen Leben als Historiker, Publizist, Immobilienunternehmer und Buchautor tätig.  Der FDP-Politiker Hermann Otto Solms bezeichnet ihn  in seinem Vorwort zutreffend als einen Reisenden. Und man hat nicht den Eindruck, dass diese Reise schon zu Ende ist.

Alles, was Zitelmann bisher beruflich angepackt hat, hat er mit Freude und Begeisterung getan. Nicht jeder wird über die Leidenschaft, die Intelligenz und den Fleiß verfügen, die Zitelmann für seine zahlreichen Neustarts gebraucht hat. Doch gerade in unserer bisweilen etwas saturierten, trägen und depressiven Gesellschaft wirkt der muntere Ton des nationalliberal denkenden Autors durchaus befreiend.

Der in Frankfurt geborene Sohn des Schriftstellers Arnulf Zitelmann startete politisch gesehen ganz links. Wäre Zitelmann ein reiner Blender und Poseur, dann hätte er nicht mit dem Buch „Hitler. Selbstverständnis eines Revolutionärs“ als Historiker internationale Anerkennung gefunden. Durch die deutsche Wiedervereinigung zunehmend politisiert, wurde er schließlich Cheflektor für die Verlage Ullstein und Propyläen und brachte dort mit Titeln wie „Deutsche Irrtümer. Schönfärber und Helfershelfer der SED-Diktatur im Westen“ von Jens Hacker die linksliberale Seele zum Kochen. Vom  nüchternen Wissenschaftler avancierte er innerhalb kürzester Zeit zu einem Lektor, der mit Freude Bücher gegen links auf den Markt brachte. Dies natürlich nicht zur Freude der Lordsiegelbewahrer der politischen Korrektheit.

Zitelmann wollte die „Welt“ auf einen rechteren Kurs bringen

Wenig erfolgreich war sein Versuch, die Tageszeitung „Die Welt“ zumindest im Bereich der „Geistigen Welt“ wieder mehr nach rechts zu rücken. Zitelmann gibt offen zu, dass er dabei auch Fehler gemacht hat. Sein Versuch scheiterte auch deshalb, weil bei Springer eben nicht so viele konservative Redakteure herumlaufen, wie dies manche glauben machen wollen. Die Kollegen im Feuilleton beispielsweise hätten ihn nicht besonders offen aufgenommen. Ihre zumeist linke Einstellung hätten sie durch demonstrative Türaufkleber wie „Ausländer, lasst uns nicht mit diesen Deutschen allein“ wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Eine Gruppe von „Welt“-Journalisten, speziell aus dem Feuilleton, hätten den Kollegen von der linksalternativen taz gerne Informationen zugesteckt und versucht, ihm das Leben bei der Zeitung schwer zu machen. Insbesondere der Dramatiker Rolf Hochhuth, der einige Jahre für die „Welt“ schrieb, habe die Stimmungen gegen Autoren wie Heimo Schwilk, Ulrich Schacht und Zitelmann selbst angeheizt, schreibt der Autor.

Zitelmann kritisierte damals, dass die „Welt“ sich nicht vorwiegend nach ihren überwiegend konservativen Lesern ausrichte, „sondern nach den Ansichten der Kollegen von der linksliberalen Konkurrenz“. Man habe vor allem Angst gehabt, als reaktionär oder rechts zu gelten. Das Ergebnis seien Profillosigkeit und Beliebigkeit gewesen.

Es ist nie zu spät für einen Neuanfang

Als Zitelmann merkte, dass er nicht mehr wie bisher beruflich für die Wissenschaft und den Journalismus brannte, startete er als Immobilien-Journalist durch. Innerhalb weniger Jahre brachte er es zum Multi-Millionär, wobei sein Konto bei seinem Ausscheiden aus dem politischen Journalismus noch in den Miesen gestanden hatte. Mit 59 Jahren verkaufte er schließlich sein erfolgreiches PR-Unternehmen und schrieb eine zweite Doktorarbeit über die „Psychologie der Superreichen“. Inzwischen betätigt er sich wieder als Publizist und schreibt Kolumnen und Bücher.

Zitelmann schreibt einen schnörkellosen, leicht verständlichen Stil. Er schont weder sich noch andere. So verschweigt er weder seine frühere Alkoholsucht noch die Tatsache, dass sein Umgang mit seinen Mitarbeitern nicht immer gut gewesen sei. Seine zwölf Lebensregeln, die er am Ende seiner Autobiographie plaziert, sollen seinen Erfolg erklären. Die Kernaussage lautet: Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen!

Dr. Dr. Rainer Zitelmann: Wenn Du nicht mehr brennst, starte neu. Mein Leben als Historiker, Journalist und Investor. FinanzBuch Verlag: München 2017, 293 Seiten. 24,99 Euro. ISBN: 978-3-95972-031-1.

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