Schreiben des CDU-Kreisvorsitzenden an die Integrationsbeauftragte Frau Annette Widmann-Mauz
Betr.: Weihnachtspost, in der das Wort Weihnachten nicht auftaucht
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Widmann-Mauz,
es kommt nicht oft vor, dass Weihnachtspost für mediales Aufsehen sorgt. Was Sie und Ihr Haus bewogen hat, Weihnachtskarten zu verschicken, auf denen das Wort „Weihnachten“ fehlt und stattdessen der Satz zu finden ist „Egal woran Sie glauben“, das kann ich nicht ermessen. Nachdem ich mich zunächst vergewissert hatte, dass heute nicht der 1. April ist, war ich schockiert und entsetzt.
Sie haben mit dieser verunglückten Weihnachtspost, die dann doch keine sein sollte, ein Beispiel dafür abgeben, wie Integration und Toleranz nicht zu verstehen sind. Nicht derjenige ist besonders tolerant oder sorgt sich in besonderer Weise um Integration, der seine eigene Herkunft, seine Traditionen und Werte verleugnet. Kein vernünftig denkender Christ, Muslim, Jude, Atheist, Agnostiker oder Angehöriger einer anderen Religion nimmt Anstoß daran, wenn ihm „Frohe Weihnachten“ gewünscht werden. Weihnachten ist nämlich das Fest der Liebe. Für den einen hat es einen eher religiösen Charakter, für den anderen bedeutet es vielleicht „nur“ ein schönes Zusammensein im Kreis der Familie und der Menschen, die man liebt.
Ich kann es immer noch nicht fassen. Wie selbstverständlich gehen bei mir und meiner Fraktion Weihnachtswünsche muslimischer Vereine und Gemeinden ein, und die katholische Integrationsbeauftragte der Bundesregierung verzichtet auf das keineswegs anrüchige Wort Weihnachten. Das ist falsch verstandene Toleranz, darin drückt sich ein wenig mutiges Verleugnen unserer Werte aus. Eine solche Weihnachtspost ist übrigens auch nicht besonders weltoffen. Sie ist verdruckst, und sie wird auch bei vielen Juden, Muslimen etc. in unserem Land nicht gut ankommen.
Ministerpräsident Armin Laschet hat völlig recht: „Ich halte es für eine pure Selbstverständlichkeit, dass man, wenn Weihnachten ist, nicht zu Seasons’s Greetings oder was auch immer gratulieren will, sondern ein gesegnetes Weihnachtsfest wünscht.“ Armin Laschet, der ja selbst von 2005 bis 2010 als Minister der NRW-Landesregierung für Integration zuständig war, sagt, dass er Muslimen ja auch zum Ramadan und den jüdischen Organisationen zum Neujahrsfest gratuliere. So funktioniert Integration – auf Augenhöhe!
Mir steht es nicht zu, Ihnen irgendetwas zu raten. Doch wäre ich an Ihrer Stelle, so würde ich jetzt offensiv mit dem Thema umgehen und eingestehen, dass ich einen schweren Fehler begangen habe. Denn diese verunglückte Weihnachtspost ist Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten, sie spaltet unsere Gesellschaft und bestätigt alle jene, die sagen, das „C“ habe in der CDU keine Bedeutung mehr. Ich hoffe, dass Sie diese Angelegenheit durch eine beherzte und offene Kommunikation schnell aus der Welt schaffen und ich wünsche Ihnen – ganz ohne Ironie – ein frohes, friedliches und gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute und Gottes Segen für das neue Jahr, vor allem eine glückliche Hand in Ihrem schweren und wichtigen Amt.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Jens Nettekoven
CDU-Fraktionsvorsitzender